Gleichberechtigung im Job, aber richtig

Es ist 2019, und wir reden noch immer von Frauenquoten, Gleichstellung, Dominanz und wie man sich als Frau durchsetzt.

Als eine von drei Töchtern einer alleinerziehenden Mutter, die ein eigenes Geschäft betrieben hat, wusste ich schon früh, was mitanpacken bedeutet, dass es keinen Platz für Prinzessinnen im richtigen Leben gibt, und jede Frau wissen muss, wie man Möbel aufbaut, renoviert und eigenes Geld verdient.

Wir hatten keine Zeit zu lernen, wie man sich klein und niedlich macht. Bei meiner Mutter hiess es immer «Schultern zurück und Kopf hoch». Somit war für mich auch diese Männer-Frauen-Diskussion in der Berufswelt immer etwas befremdlich. Ich habe mich immer getraut laut meine Meinung zu vertreten und einige Jahre gebraucht zu verstehen, warum ich als Frau beruflich nicht weiter kam. Dass es da einen Zusammenhang gibt. Denn den gibt es. Während ich immer wieder männlichen Kollegen dabei zugesehen habe, wie sie mit weniger Leistung und weniger Können mehr Karriere gemacht haben, wurde ich immer frustrierter.

Doch wenn man sich erst mal damit auseinandersetzt, dann stösst man schnell auf tausend Ratgeber und Kurse. Einige Bücher habe ich im Laufe der letzten 10 Jahre auch immer wieder gelesen. Gerade erst ist dazu ein ähnlicher Artikel in der Republik erschienen.

Tipps, wie man sich als Frau anpassen solle, Dominanzrituale erkennen und kopieren, Stärke ausstrahlen, nicht zu fürsorglich sein, nicht zu weich erscheinen…die Liste ist lang. Jede Frau im Berufsalltag und besonders in Führungsposition weiss wovon ich rede. Das Gleiche gilt im Übrigen auch für ethnische Minderheiten, ganz besonders schlimm für Frauen, die einer ethnischen Minderheit angehören – das ist fast wie ein doppeltes Kainsmal, zwei Fronten die eingerissen gehören.

Das Problem bleibt aber auch mit all diesen «Lösungswegen» sexistisch, denn es will ein Problem bei den Frauen lösen, obwohl es bei den Männern und der Organisation liegt.

Früher gab man Frauen Tipps, was sie zu tun haben, wenn sie einen Ehemann finden möchten. Welches Verhalten, welche Kleidung, welches Auftreten nötig wäre, um zum Ziel zu gelangen.

Heute erzählt man Frauen, was sie zu tun haben, wenn sie Karriere machen wollen. Welches Verhalten, welche Kleidung, welches Auftreten nötig wäre, um zum Ziel zu gelangen.

Nirgendwo steht beschrieben, wie männlich dominierte Firmen oder männliche Vorgesetzte etwas ändern können, damit sie eine Arbeitsumgebung schaffen, die für Frauen genauso gut funktioniert wie für Männer. Das wäre aber der Ansatz, der richtig wäre, statt Frauen immer noch sagen zu wollen, was mit ihnen nicht stimmt und was sie anders machen müssen, um genauso erfolgreich zu werden wie Männer.

Wenn Frauen eines zu lernen haben, dann dass sie es sich verdient haben diese oder jene Position zu bekommen, dass sie es verdienen gleich bezahlt zu werden, dass sie weiterhin dagegenhalten müssen und den Mund aufmachen, wenn sie nicht fair behandelt werden ohne deswegen gleich um ihren Job bangen zu müssen.

Was ich nicht mehr will ist, dass Frauen in ihrer Position nicht ernst genommen werden nur weil sie so nett sind und nicht nur sich im Meeting Kaffee einschenken, sondern auch anderen, wenn sie die Kanne doch eh gerad in der Hand halten. Das man immer annimmt die Frau im Raum werde schon das Protokoll übernehmen und die Notizen dann allen anderen zukommen lassen oder man sie mit einem freundlichen Lächeln und einem Schulterklopfen dafür entschädigen könne, wenn doch wieder der männliche Kollege die Beförderung erhält.  

Das ist ein strukturelles und gesellschaftliches Problem. Kein Problem das Frauen haben, weil sie zu sehr Frau sind und von ihnen alleine gelöst werden kann, indem sie sich anpassen, genauso dominant verhalten, wie der männliche Kollege.  

Das bedeutet aber auch, dass man sich dessen in der Führungsebene bewusst werden muss, und sich Hilfe in Form von Gleichstellungsberatern holt, die ausserhalb der bisherigen Denkmuster arbeiten. Das benötigt Mut zur Veränderung und das ist alles schwierig, keine Frage. Einfacher wäre es natürlich, wenn einfach die Frauen weiterhin versuchen sich den Männern anzupassen, aber letzten Endes wird dies langfristig keine Veränderung bringen.

Aber Veränderung ist gut. Organisationen müssen sich transformieren, nicht nur digital, sondern auch strukturell.

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